Geschäfte mit Angst und Unwissenheit

Manche Unternehmen wittern ein gutes Geschäft mit der Angst vor Schimmel und der Unwissenheit so mancher Kunden. Zum Teil grenzt die Vorgangsweise derartiger Unternehmen an Betrug beziehungsweise kann sie mit gutem Recht als solcher bezeichnet werden.

Messung und Beurteilung von Schimmel

Grundsätzlich ist zu sagen, dass die fachgerechte Beurteilung einer Schimmelproblematik zu komplex ist, um vom Schreibtisch aus erledigt zu werden. Eine sachverständige Befundung, die eine Besichtigung vor Ort beinhaltet, ist in jedem Fall unverzichtbar, vor allem weil die Ursache(n) des Befalls erhoben werden müssen, damit eine ursachenbezogene Sanierung angestrebt werden kann. Die Beurteilung eines Schimmelbefalls und die daraus abgeleiteten Sanierungsempfehlungen sollen auch aus einem weiteren Grund von unabhängigen Experten und Expertinnen durchgeführt werden, nämlich da diese nicht selbst von einer zuweilen aufwändigen Sanierung profitieren.

Schimmel auf Naehrmedium-Platte

Sowohl der österreichische Schimmelleitfaden als auch das Positionspapier zu Schimmel in Innenräumen des Arbeitskreises Innenraumluft im BMLUK empfehlen bei einer Schimmelproblematik auf jeden Fall eine Ortsbegehung und, wenn Schimmelbefall nicht offensichtlich gegeben ist, die normgerechte Raumluftuntersuchung der Sporenkonzentration mit aktiver Probenahme durch geprüfte Experten. Nur eine normgerechte Raumluftuntersuchung eignet sich für die aussagekräftige Bestimmung und Beurteilung der Schimmelsporenkonzentration in Innenräumen. Bei mit freiem Auge sichtbarem Schimmelbefall ist eine Raumluftmessung in der Regel nicht erforderlich.

Schimmelsanierung

Auch bei der Sanierungen kann es vorkommen, dass Betroffene übervorteilt werden. Auf der einen Seite wird Schimmel oft völlig unfachmännisch durch einfaches Überstreichen mit Wandfarbe „saniert“, mitunter sogar mit Wandfarbe, die fungizide Wirkstoffe enthält. Auf der anderen Seite wird Kunden suggeriert, dass eine Desinfektion durch das Vernebeln von Wirkstoffen oder gar eine Luftreinigung unbedingt nötig seien. Eine sogenannte „Sterilisierung“ oder „Entkeimung“ von Räumen mit fungiziden Wirkstoffen, die mittels Vernebelungstechnik eingebracht werden, wird im Allgemeinen als überflüssig und kontraproduktiv erachtet, auch weil Schimmelpilzsporen gegenüber derartiger Mittel widerstandsfähig sein können. Selbst wenn Schimmelbestandteile abgetötet werden, ist das eigentliche Sanierungsziel nicht erreicht, da auch von abgetöteten Schimmelbestandteilen gesundheitliche Wirkungen ausgehen können. Der Bundesverband für Schimmelsanierung und technische Bauteiltrocknung und der Arbeitskreis Innenraumluft im BMLUK raten von Desinfektionsmaßnahmen mit langfristig wirksamen Präparaten auch deshalb ab, da gesundheitliche Wirkungen der Präparate nicht ausgeschlossen werden können.

Fazit ist, dass sowohl das bloße Übermalen von Schimmelbefall als auch überzogene Methoden wie das Vernebeln von Wirkstoffen in keiner Weise einer fachgerechten Sanierung entsprechen, deren Ziel die Entfernung der schadenskorrelierten mikrobiellen Biomasse des Befalls ist. Zu einer fachgerechten Sanierung zählt überdies eine abschließende Feinreinigung, bei der restlichen Schimmelpilzsporen und gegebenenfalls vorhandene mikrobiell belastete Stäube aus dem Innenraum entfernt werden.

Bakterien

Coli BakterienAbbildung: Coli-Bakterien

Bakterien sind immer in Innenräumen vorhanden. Allein auf unserer Haut siedeln bis zu 100.000 Bakterien pro Quadratzentimeter, diese werden permanent durch „Abschilfern“ in die Raumluft abgegeben. In Baustoffen ist eine gewisse Menge an Bakterien als normale Hintergrundkonzentration vorhanden. Diese auf Baumaterialen auftretenden Bakterien stellen keine Gefahr für die Gesundheit dar.

Dennoch wird von so manchen selbsternannten „Hygiene-Experten“ die Bakterienkonzentration in der Raumluft gemessen, um anschließend eine Desinfektion durch Vernebelungsmaßnahmen mit dem Versprechen einer in Wohnräumen nie erreichbaren und auch nicht notwendigen „Keimfreiheit“ teuer zu verkaufen. Prinzipiell ist eine derartige „Entkeimung“ in Wohnräumen weder sinnvoll noch dauerhaft wirksam. Davon zu differenzieren sind allerdings Hygieneuntersuchungen in medizinisch genutzten Einrichtungen sowie Lüftungs- und Klimaanlagen, wo weitreichende Hygienemaßnahmen notwendig sein können.

Eine Situation, in der Bakterien in Innenräumen jedoch eine Rolle spielen, ist die Untersuchung von Fäkalkeimen nach Kanalwasserschäden zur Abschätzung der Intensität und Eingrenzung des kontaminierten Bereichs innerhalb der Fußbodendämmung.